Letzte Woche hat meine zweite Dialogveranstaltung zum Thema „Klimaschutz in Heidelberg“ stattgefunden. Dabei kamen neben meinem Impulsvortrag vor allem auch die eingeladenen Podiumsgäste zur Sprache, die mir von sehr unterschiedlichen Aspekten dieses drängenden Themenbereichs erzählt haben.
Eine Zusammenfassung:
Friederike Benjes stellte den Ansatz des Klimaentscheid Heidelberg vor, der dem bundesweit von German Zero vertretenen Budget-Ansatz folgt.
Sie berichtete von ihrer zentralen Erkenntnis aus den Gesprächen, die sie zusammen mit anderen Aktivist*innen des Klimaentscheids in den letzten Jahren mit städtischen Vertreter*innen bis hin zum Oberbürgermeister geführt hat: Ihrer Ansicht nach ist die Stadt keineswegs darauf eingerichtet, das selbstgesteckte Ziel der Klimaneutralität bis 2030 zu erreichen.
Dass der Bevölkerung dennoch suggeriert werde, alles sei auf einem guten Weg und es werde ja sehr viel für den Klimaschutz getan, bezeichnete sie als „schockierend“.
An Theresia Bauer formulierte sie zwei konkrete Erwartungen: in erster Linie wünschte sie sich Transparenz im Hinblick auf das wahre Ausmaß des Problems und im Hinblick auf den Umsetzungsstand – diese könne es nur geben, wenn neben ein Sammelsurium möglicher Ideen für Klimaschutzmaßnahmen auch einen Zeitplan und ein ernsthaftes Monitoring der Fortschritte gebe.
Die zweite Erwartung bezog sich darauf, dass den Bürger*innen die Möglichkeit gegeben werden müsse, so umfassend wie möglich beim Klimaschutz mitzumachen. Denn viele Menschen in Heidelberg seien bereit und in der Lage, selbst etwas beizutragen. Diese Menschen gelte es, viel stärker einzubeziehen als bisher.
Laura Zöckler stellte zunächst die Heidelberger Energiegenossenschaft vor, die 2010 als studentische Initiative gegründet wurde, mittlerweile über mehr als 1000 Mitglieder verfügt und 37 Photovoltaik-Anlage in Heidelberg und Umgebung betreibt.
Sie machte darauf aufmerksam, dass sich die Realisierung von Solarprojekten auf Dächern von Unternehmen und Privatpersonen als deutlich leichter erweist als auf öffentlichen Dächern und verwies darauf, dass für mehr Tempo bei der Energiewende Bürokratieabbau dringend geboten sei. So habe die erste Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes lediglich 12 § umfasst – das aktuelle Gesetz benötigt dagegen hunderte Seiten. Das macht die Realisierung von Projekten nicht einfacher.
Als wichtigsten Punkt für die Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren Energien forderte sie ein, mit Struktur und Plan vorzugehen. Z.B. könnte man sich vornehmen, bis zu einem gewissen Zeitpunkt sämtliche Parkflächen mit PV zu überdachen und so den Parkenden Schatten zu spenden und gleichzeitig Strom zu liefern. Das müsse aber koordiniert und planvoll angegangen und dann Schritt für Schritt umgesetzt werden – es als mögliche Maßnahme zu benennen reiche nicht.
Tatsächlich mangele es in Heidelberg nicht an Flächen – die HEG oder auch die Stadtwerke könnten sofort damit anfangen deutlich mehr Photovoltaik z.B. auf städtischen Dächern zu installieren – es sei bisher lediglich zu wenig Ambition und Druck dahinter, um damit schnell vorwärtszukommen.
Auch wenn aus Laura Zöcklers Sicht die Erschließung der Dachflächen absoluten Vorrang genießt, bekräftigte sie dennoch, dass auch die kluge Nutzung von Freiflächenphotovoltaik einen wichtigen Beitrag leisten könne – z.B. an Autobahnen oder in Verbindung mit intensiver Landwirtschaft, bei der zusätzliche Photovoltaik zusätzlich einen Beitrag zur Biodiversität leisten könne.
Amany von Oehsen machte auf den großen Beitrag aufmerksam, den die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung zum Klimaschutz leisten könne. Sie verwies dabei insbesondere auf die große Abhängigkeit der Heidelberger Fernwärmeversorgung vom Großkraftwerk – dem größten CO2-Emittenten Baden-Württembergs.
45% seiner Fernwärme beziehe Heidelberg vor dort – dies schnell zu ersetzen sei nun eine zwingende Herausforderung.
Sie verwies dabei zum Einen auf größere Wärmequellen, die in der Einspeisung den Anteil aus Mannheim ersetzen könnten. Ein besonderes Potential habe die grüne Wärme aus dem Neckar, mit der bereits ein großer Beitrag geleistet werden könnte. Zusätzliche Möglichkeiten lägen in der Nutzung der Tiefengeothermie sowie in der Biomasse-Vergärung.
Darüber hinaus betonte sie aber auch die Rolle der Endverbraucher*innen bei der Wärmewende. Auf Ebene der einzelnen Haushalte müsse die Nutzung von Erdwärme in der Kombination mit Dämmmaßnahmen vorangetrieben werden, um den Verbrauch von Gas zu reduzieren. Das schone nicht nur das Klima, sondern auch den Geldbeutel und diene darüber hinaus dazu, die Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland zu verringern.
Als wichtigen Baustein für die Realisierung solcher Projekte durch Bürger*innen sei das Thema Beratung – diese müsse es den Menschen möglichst leicht machen, Beratungsangebote wahrzunehmen.
Andreas Kempff machte deutlich, dass die aktuelle der Energieversorgung aus Sicht der Unternehmen eine dramatische Situation darstelle.
Für die Industrie sei häufig eben nicht Strom, sondern Gas der wichtigste Energieträger. Deshalb bedeute hier eine Dekarbonisierung in erster Linie eine Elektrifizierung der Prozesse. Angesichts enormer Energiebedarfe in diesem Bereich betonte er, wie groß der Bedarf an zusätzlichem Strom aus Erneuerbaren Energien sei und forderte hier von der Politik mehr Tempo ein.
Unternehmen seien durchaus bereit, selbst relevant zur Energiewende beizutragen. Preissignale seien dafür aber nur bedingt hilfreiche Anreize – sie funktionierten dort, wo Ersatzmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Ist das nicht der Fall – z.B. weil das Angebot die Nachfrage deutlich übersteigt – führen sie lediglich zu höheren Kosten und Verlusten an Kaufkraft ohne positive Lenkungswirkung.
Entscheidende Kriterien seien dagegen auf allen politischen Ebenen schnelle Genehmigungen und Planungssicherheit. Gerade lange bürokratische Prozesse wirken in Zeiten schneller Preissteigerungen als enorme Unsicherheitsfaktoren – hier gelte es, besser zu werden.
Schließlich stelle der Fachkräftemangel ein großes Problem für die Unternehmen dar. Die demographische Situation sei in den gebäudebezogenen Handwerksberufen noch schlechter als im Durchschnitt – hier werde in den nächsten Jahren viel Knowhow und Kapazität verloren gehen. Er formulierte daher als wichtige Erwartung an der Politik, mehr dafür zu tun, um Nachwuchs für diese Branchen zu gewinnen.