Wissenschaftsministerin Theresia Bauer über die Zukunft von Arbeitswelt und Studium

Die Uni könnte von der Dorfschule lernen

"Denkerinnen" und Gäste diskutierten über die Zukunft von Arbeitswelt und Studum – Ministerin Bauer forderte Umdenken

Von Daniela Biehl

Schon die Wahl der Satzzeichen im Titel sei recht pfiffig – darin waren sich die Studenten und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer auf der Denkerinnen-Konferenz schnell einig: Denn das Motto „Anders Arbeiten! Anders Studieren“, mit dem die „Denkerinnen“ auf den Campus Bergheim geladen hatten, impliziere ja genau genommen, dass sich die Arbeitswelt schon rasant verändert habe und es das Studium noch muss.

„Arbeitsplätze brechen weg, weil Roboter diese Aufgaben übernehmen“, sagt Bauer. Konkurrenz werde größer, globaler. „Und wir arbeiten schneller, vernetzter.“ Soweit nichts Neues. Auch nicht im Gedanken, dass sich die Arbeitswelt vielleicht deshalb verändere, weil es die Jungen so wollen: die „Generation Y“, mit der sich etwa Safiyye Arslan (22) von den Denkerinnen „stark identifiziert“.

Eigentlich wollten die „Denkerinnen“ ohnehin vielmehr ein Schlaglicht auf eine ganz andere Frage werfen: „Wenn wir anders arbeiten, sollten wir dann nicht auch anders studieren? Zumal noch nie so viele an die Unis gingen wie heute. Es ist doch schon fast Standard, zu studieren.“ Die zehn Bloggerinnen, die sich 2013 als „Denkerinnen“ zusammengeschlossen haben, wollten darauf selbst eine Antwort finden – im Austausch mit Studenten und in Kooperation mit der Universität Heidelberg. Die „Denkerinnen“ kommen aus allen Ecken Deutschlands, Arslan beispielsweise aus Gießen – und auch die Teilnehmer der Konferenz waren aus ganz Baden-Württemberg angereist. Die meisten hatten von Freunden oder über das Internet davon erfahren.

Und wie sieht das neue Studieren nun aus? Vielleicht wird es ganz nach dem Prinzip der Dorfschule ausgerichtet, „wo Studenten voneinander lernen, jeder dem anderen ein Mentor ist und Dozenten sich zurücknehmen“, hofft Mirela Petrova (22), die in Heidelberg Philosophie studiert. Utopisch, so fast ohne Dozenten? Nicht ganz, glaubt Bauer und erzählt von Raul Rojas, den man in diesem Jahr zum Hochschullehrer des Jahres gekürt hat – und der das Dorfschulprinzip an die Unis bringen will. Eine gar nicht so schlechte Idee, fand Christopher Little (24). Denn: „Dann kommt vielleicht auch ein Stein ins Rollen, der das Studium wieder zum Eigentlichen bringt: den komplexen Gedanken, ohne Diktat der Wirtschaft.“ Es sei zwar schon verführerisch, sich der ganzen Hektik hinzugeben, um „möglichst schnell den Bachelor oder Master abzuschließen, weil das Geld nicht mehr reicht, wenn kein Bafög mehr kommt“. Nur habe das nichts mehr mit Studieren zu tun.

Überhaupt wünscht sich fast jeder der Tagungsteilnehmer eine neue Sinnhaftigkeit, auch in den anschließenden Workshops zum „neuen Modell Arbeitswelt“ mit Politologin Johannah Illgner oder Jura-Absolventin Lara Herning. Da ging es beim lockeren Plausch wieder einmal um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – etwa hervorgerufen durch den Hashtag „motherhood-regrets“, den eine Soziologin der Universität Tel Aviv ins Leben gerufen hatte. Sie wollte zeigen, dass es Frauen manchmal auch bereuen, Mutter geworden zu sein.

„Weil Selbstverwirklichung dann stagniert. Eine Frau trägt das lange mit sich mit“, erzählt Merve Kadayifci von den „Denkerinnen“. Sie fordert aber auch – wie viele im Workshop – ein Gesetz zur Transparenz von Gehältern, damit Frauen eine Grundlage erhalten, für finanzielle Gleichstellung zu kämpfen. Die Ideen aus der Konferenz wollen die „Denkerinnen“ nun an Akteure aus Politik und Wirtschaft sowie an Theresia Bauer weiterleiten. „Damit sich auch etwas ändern kann. Es muss ja bei uns Studenten anfangen. Aber es soll auch weitergehen“, sagt Kadayifci.

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