Ralf Fücks: Freiheit verteidigen. Ein Plädoyer für die liberale Moderne

Di, 29.8., 20 Uhr, Café Friedrich

Einer aktuellen infas-Studie zufolge ist unsere Gesellschaft in ihrer großen Mehrheit weltoffen, tolerant und liberal. Machen wir uns also zu Unrecht Sorgen um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Bestand des demokratischen Grundonsenses in Deutschland?

Die Studie zeigt allerdings auch, dass eine der wichtigsten Konfliktlinien nicht zwischen den großen Parteien verläuft, sondern zwischen der liberalen Mehrheitsgesellschaft und einer rechtspopulistischen Minderheit.  

Zur Diskussion hat Theresia Bauer Grünen-Vordenker und Publizist Ralf Fücks nach Heidelberg ins Café Friedrich eingeladen. In seinem aktuellen Buch „Freiheit verteidigen. Wie wir den Kampf um eine offene Gesellschaft gewinnen“ setzt sich Fücks mit Ursachen und Konsequenzen dieser Bestandsaufnahme auseinander – wie beispielsweise der verbreiteten Furcht vor sozialem Abstieg oder dem sinkenden Vertrauen in staatliche Institutionen.

Für Ralf Fücks ist klar: Die Quintessenz des vergangenen Jahrhunderts besteht darin, dass die Demokratie der beste Schutz vor Barbarei darstellt – aber dieses Fundament sei mit Ausbruch der Finanzkrise ins Schwanken geraten. Bereits die Abstimmung über den Brexit hätte gezeigt, dass die viele Bürgerinnen und Bürger ihr Votum als „Nichteinverständniserklärung“ zu sozialen Entwicklung abgegeben haben.

Doch was sind die Triebkräfte dieser gesellschaftlichen Entwicklungen?

Durch die Herausforderungen einer globalen Weltwirtschaftsordnung und weltweit immer besser ausgebildeten Fachkräften sowie der neuen Herausforderungen, die durch Digitalisierung und Automatisierung entstehen, erleben wir einen steigenden Wettbewerbsdruck. Viele dieser Themen würden jedoch als „Angstthemen“ diskutiert werden, die am Ende in vielen Köpfen meist nur Gewinner oder Verlierer produzierten und letztlich auch zu einer Verunsicherung in Bezug auf die kulturelle Identität führen.

Ralf Fücks: „Man kann die Freiheit nicht verteidigen, wenn man sie gegen das Sicherheitsbedürfnis stellt.“  

Derartige Reflexe auf Modernisierungsschübe seien nicht neu, aber dennoch müsste sich unsere Gesellschaft und auch die Grüne Partei stärker mit dieser Verunsicherung auseinandersetzen.

Auch wenn für Fücks klar ist, dass es den archimedischen Hebel für diese Problemlösungen nicht gibt, müssten wir doch daran arbeiten diesen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen.

Dabei sei der Schlüssel „Bildung und Qualifizierung“ und starke öffentliche Institutionen, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern. Schließlich müsse die Politik ihre Fähigkeit der Steuerung wahrnehmen. In diesem Kontext sollten politische Parteien Sicherheit im Wandel geben und insbesondere die Grünen müssten die Offenheit für Veränderung in Einklang mit sozialer Sicherung bringen.

Ralf Fücks: „Sicherheit verstehe ich als etwas, das aus den Menschen selbst kommt – aus seinem Vertrauen zu sich selbst.“

In den letzten Jahren sei die öffentliche Investitionsquote massiv gesunken – das gilt es laut Fücks zu ändern. Denn gerade eine gute Infrastruktur und präsente öffentliche Institutionen seien Voraussetzungen für soziale Teilhabe und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Daher bestünde die Kunst darin, das Zerstörerische aufzuhalten, das Progressive stark zu machen und Allianzen zu finden, mit denen Veränderungen anstoßen werden können. Denn für Fücks steht außer Frage: Die Grünen sind die Partei, die Orientierung gibt, weil sie die Partei für Zukunftsfragen ist und ein Rückzug ins Nationale und die Abkehr von der offenen Gesellschaft in Teufels Küche führen würden.

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